Aufnahme Mariens in den Himmel
Vor einigen Jahren ist in Wien ein Buch erschienen mit dem Titel „Heiliger Zorn“[1]. Darin haben viele Prominente Stellung bezogen zu den damals in der Kirche ausgetragenen Konflikten. Auch ein in hoher Verantwortung stehender Politiker, der aus der katholischen Jugend herausgewachsen ist, hat einen Beitrag mit der Überschrift „Nur noch ein Problem. Auf der Suche nach dem Geist – auch in der Kirche“ geschrieben. Er geht nicht auf die Personaldebatten ein, die damals in der österreichischen Kirche geführt worden sind, sondern drückt seine besondere Sorge aus - wenn man will seinen „Heiligen Zorn“ - über die in der Kirche vorhandene Unterschätzung der „beängstigenden ‚Gottesfinsternis‘ der neuzeitlichen Welt“ und der „geistig-seelischen Not der Gefangenschaft des Menschen im geschlossenen Horizont bloßer Diesseitigkeit.“ [2]
- Hat die Kirche nicht eine Botschaft, die diesen „geschlossenen Horizont bloßer Diesseitigkeit“ aufbrechen sollte? Wann wird eigentlich heute noch vom Himmel gepredigt?
Natürlich an „Christi Himmelfahrt“ und in katholischen Kirchen auch am heutige Festtag der Aufnahme Mariens in den Himmel. Ansonsten findet sich der Begriff „Himmel“ nur selten in unseren Predigten - wahrscheinlich, weil die meisten mit diesem Terminus ein überholtes Weltbild verbinden, oder weil man früher zu oft davon gesprochen hat; oder weil mit diesem Begriff zu anthropomorphe Hoffnungen gezeichnet wurden – man denke an die Himmeldarstellungen in barocken Kirchen oder an die Frage eines Studenten an Karl Rahner, ob man auch im Himmel fußballspielen könne.
Und doch ist es unser Auftrag, wie Paulus im 1. Korintherbrief schreibt: „Wir verkünden, wie es in der Schrift steht, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Herz gedrungen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“ (1 Kor 2,9). Diese Botschaft ist also keine Nebensächlichkeit: Jesus hat seine Botschaft als Evangelium vom Reich der Himmel verkündet, und es geht um das, was Sinn und Ziel unseres menschlichen Lebens ist.
- Und gerade das feiern wir heute, am 15. August, mit dem Blick auf Maria, die Mutter Jesu: im Tagesgebet haben wir von der Erhebung Mariens in den Himmel als „Zeichen der Hoffnung und des Trostes“ gesprochen.
Über diesem Tag steht das Wort von Elisabeth, der Mutter Johannes des Täufers, zu Maria: „Selig, die geglaubt hat, was der Herr ihr sagen ließ!“ – und wir tun, was Maria im Magnificat ahnt: „Siehe, von nun preisen mich selig alle Geschlechter.“ Maria ist für uns das Inbild eines glaubenden Menschen. Was Jesus den Glaubenden verheißen hat, gilt von ihr - in Freud und Leid.
Auch für sie war der Glaube verbunden mit Zeiten der Unklarheit und der Prüfungen: Denken wir
- an ihr Erschrecken über die Anrede des Engels und die Rückfrage bei der Verkündigung: „Wie soll das geschehen?“ (Lk 1,26-37)
- Sie geht um Bestätigung zu erhalten zu Elisabeth, ihrer schwangeren Verwandten (Lk 1,39-56);
- ich denke an die Ankündigung des greisen Simeon im Tempel: „Deine Seele wird ein Schwert durchdringen“ (Lk 2,35).
- Im Evangelium vom zwölfjährigen Jesus im Tempel macht Maria ihrem Sohn den Vorwurf: „Kind, warum hast du uns das angetan! Mit Schmerzen haben wir dich gesucht!“ (Lk 2,41-52).
- Als die Verwandten Jesus zurückholen wollten mit dem Verdacht: „Er ist von Sinnen!“, musste sie das Wort hören: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?... Wer den Willen Gottes tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter!“ (Mk 3,20f.31-35).
- Nach dem Zeugnis des Johannesevangeliums steht sie unter dem Kreuz (Joh 19,25-27);
- und am Beginn der Kirche finden wir sie inmitten der betenden Urgemeinde (Apg 1,14).
- „Selig, die geglaubt hat, was der Herr ihr sagen ließ!“
- Mit dem Blick auf Maria bekennen wir heute dankbar eine Grundwahrheit unseres Glaubens, eine zentrale Wahrheit über den Menschen. In den Seligpreisungen der Bergpredigt hat Jesus das Ziel des Menschen verkündet: das Leben in der Gemeinschaft mit Gott.
Davon kann die Heilige Schrift nur in Bildern und Gleichnissen sprechen: auch das Wort von der Auferstehung und Himmelfahrt deutet ein Geschehen an, das kein Auge geschaut und kein Ohr gehört hat.
Wir glauben und bekennen an jedem Sonntag im Credo die Auferstehung der Toten. In der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu hat Gott uns Menschen erhöht. Seit Christi Himmelfahrt bedeutet Himmel das Platz-Haben des Menschen in Gott. Nicht nur irgendetwas aus uns wird ewig leben. Zu uns Menschen gehört, dass wir nicht nur einen Leib haben, sondern Leib sind. Wie Gott das macht, ist für uns unergründlich.
An Christi Himmelfahrt haben wir gehört, dass Christus uns in seiner Erhöhung nicht als Waisen zurücklässt. Himmel bedeutet auch neue Nähe Christi zu uns. Und wir dürfen darauf vertrauen, dass alle, die von Gott geheiligt sind, auch uns vom Himmel her nahe bleiben.
Wir sind hier im Namen Jesu versammelt; viele Menschen sind heute nach Mariazell und zu anderen Wallfahrtsorten unseres Landes gezogen: uns allen ist die besondere Nähe der Mutter Jesu versprochen, die in den Himmel aufgenommen worden ist und uns auch weiterhin in Liebe verbunden bleibt. Mit ihr wollen wir Gott danken, der Großes an ihr getan hat: er denkt an sein Erbarmen, das er uns verheißen hat: heilig ist sein Name.
Amen.