Unter den drei in der Steiermark aus dem Zeitalter der Gegenreformation stammenden Mausoleen nimmt das zeitlich zuletzt entstandene Grazer Mausoleum eine überregionale Stellung ein: Es ist ein Bauwerk von europäischem Rang. Ferdinand II. betraute 1614 seinen aus Lodi bei Mailand stammenden Hofkünstler Giovanni Pietro de Pomis (1569-1633) mit der Konzeption und der Ausführung dieses monumentalen Grabbaus, der 1636 vollendet war.
Das Mausoleum – bestehend aus der symbolverbundenen Kreuzesform der Katharinenkirche und dem ovalen Grabbau (Symbol der Auferstehung) – zeigt die kirchlichen und dynastischen Repräsentationsabsichten des Bauherrn: Das Patronat der Hl. Katharina von Alexandrien nimmt nicht nur auf einen mittelalterlichen Vorgängerbau Bezug, sondern steht auch in Kontext mit der von Erzherzog Karl II., dem Vater Ferdinands II., 1585 gegründeten und vom Jesuitenorden geführten Universität, die ebenfalls unter dem Patrozinium dieser Märtyrerin, der Patronin der Wissenschaften, stand. Die dynastischen Intentionen sind an den symbolischen Bekrönungen der Kuppeln – Zepter und Reichsadler mit Reichsschwert und Reichsapfel – zu erkennen. Die Sandsteinfiguren an der Westfassade – die von zwei Engeln flankierte Hl. Katharina und zwei von der Heiligen zum Christentum Bekehrte - und die bemalten Kupfertafeln in den Nischen mit den Darstellungen aus dem Leben der Hl. Katharina bilden zusätzlich nicht nur ein auf die Titelheilige der Kirche und Patronin der Universität bezogenes Programm, sondern zeigen auch in den beiden zum katholischen Glauben bekehrten Persönlichkeiten Porphyrius und Faustina einen gegenreformatorischen Aspekt.
Katharinenkirche
Die Vollendung der Innenausstattung wurde erst 1687 durch Kaiser Leopold I., „den glorreichen Sieger über die Türken", veranlasst. Er erweiterte gleichzeitig das ursprünglich auf seinen Großvater Ferdinand II. bezogene Ausstattungsprogramm um eine Verherrlichung des Hauses Österreich und eine auf seine Person gerichtete Apotheose.
Die Entwürfe für die bemerkenswerten Stuckdekorationen und für den Katharinenaltar (1) lieferte 1687 der in Graz geborene kaiserliche Hofkünstler Johann Bernhard Fischer von Erlach. Die Stuckarbeiten wurden 1688/89 von Josef Serenio, Girolamo Rossi und Antonio Quadrio ausgeführt. Die gleichzeitig entstandenen Langhausfresken (2) mit der Apotheose des Hauses Habsburg malte vermutlich Franz Steinpichler. Im Zentrum dieser Fresken ist die damals höchst aktuelle Entsatzschlacht von Wien (1683) dargestellt. Die Skulpturen des Katharinenaltars schnitzte Max Schokotnigg (1697/99); vom ihm stammen auch die Engelsfiguren des Marienaltars (3) (1697/1701).
Das Altarblatt mit der Darstellung der Maria Immaculata malte 1699 Antonio Bellucci.
Mausoleum
Von der Kirchenausstattung ist weiters das „Heilige Grab" (4) (1768/69) von Veit Königer hervorzuheben, das durch sein Schaugerüst und das vielfigurige Ensemble zu den bedeutendsten „Heiligen Gräbern" in Österreich zählt.
Die Fresken in der Grabkapelle (5) mit Darstellungen der Tugenden und katholischen Taten Kaiser Ferdinands II. und mit typologischen Gegenüberstellungen aus dem Alten und dem Neuen Testament, die sich auf die Auferstehung und Erlösung durch Christus beziehen, malte um 1689 Matthias Echter. Von ihm stammt auch das Fresko im Chor mit der mystischen Vermählung der Hl. Katharina. Die Nischenfiguren aus Stuck - Personifikationen der Tugenden „Glaube", „Liebe", „Hoffnung" und „Gerechtigkeit" - schuf um 1695/96 Max Schokotnigg.
Die Stukkaturen des Gruftraumes fertigte um 1640 Mattia Camin (sie wurden 1694 von Josef Serenio erneuert). Das hier dargestellte inhaltliche Programm zeigt die Insignien und Wappen der Länder und Erbländer Kaiser Ferdinands II., Symbole des Todes und der Sterbesakramente sowie gemalte Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament, die auf die Auferstehung hinweisen.
Die Grabstätten Kaiser Ferdinands II. (gest. 1637) und von Erzherzogin Maria Anna von Bayern (gest. 1616), der ersten Gattin Ferdinands II., sind durch Inschrifttafeln gekennzeichnet. Außerdem befindet sich hier ein sogenanntes Herzgrüftl mit den Herzen Ferdinands II., seiner Mutter Maria von Bayern, seiner zweiten Gemahlin Eleonore von Gonzaga und von anderen erzherzoglichen Familienmitgliedern.
Der Rotmarmorsarkophag (6) im Gruftraum mit den vollplastischen Liegefiguren der Eltern Ferdinands II. (Erzherzog Karls II. und seiner Gattin Erzherzogin Maria Anna von Bayern), in dem aber nur seine Mutter bestattet ist, stammt aus dem ehemaligen Grazer Klarissinnenkloster und dürfte um 1608 von Sebastian Carlone verfertigt worden sein.
Das Mausoleum Ferdinands II. ist durch sein vielschichtiges architektonisches und ikonologisches Programm ein Ruhmestempel der Gegenreformation. Es weist sich durch seine politisch-imperiale Aussage als Stiftungsbau des Erzhauses Österreich aus. In künstlerischer Hinsicht ist es aber auch ein Hauptbeispiel für die Manifestation römischer Kunstrichtungen im Hochbarock der Steiermark.
Horst Schweigert