Christlicher Glaube ist ohne Gebet und Gottesdienst nicht vorstellbar. Das Glaubenszeugnis der Glaubenden in Wort und Tat gründet und empfängt seine Kraft und Lebendigkeit aus der Verbundenheit und der Begegnung mit Gott. Dabei ist es Gott, der zuerst auf uns zukommt. Er hat uns beim Namen gerufen und angesprochen. Deshalb ist unser Beten immer Antwort auf Gottes Anruf und sein Wort. Für die gemeinschaftliche Feier gilt die Zusage Jesu: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Mt 18, 20)
Liturgie ist ein Sammelbegriff für die gottesdienstlichen Feiern der Kirche. Die heilige Feier ist Erfahrungsort Jesu Christi. Durch unser Lob, unsere Bitten und unseren Dank bringen wir unser Leben zur Sprache. Wenn wir aus der Heiligen Schrift lesen, dann bringen wir Christus zur Sprache. Er selbst spricht zur Gemeinde, zu uns. Reden - hören - antworten: das ist der Rhythmus der heiligen Feier.
Das Grundgeheimnis der Liturgie ist die Verherrlichung Gottes und die Heiligung des Menschen. Gott schenkt sich uns in und durch Jesus Christus im Heiligen Geist. Durch die verschiedenen Feiern der Liturgie versuchen wir immer besser zu verstehen, was wir bei der Eucharistie (Danksagung) auch aussprechen: "Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit." Das ist zugleich Geheimnis (Mysterium) und gelebte Wirklichkeit. Um das Werk der Erlösung zu begreifen, müssen wir auf das ganze Leben Jesu schauen: von der Menschwerdung (Inkarnation) bis zum Kreuz. So werden wir in allen Sakramenten mit dem Erlösungswerk Christi konfrontiert. Im Kreuzestod Jesu ist das Erlösungswerk bereits vollbracht (Joh 19,30). Das wird in den Sakramenten zeichenhaft ausgedrückt, damit wir es existenziell nachvollziehen.
Über die Heilige Liturgie (2. Vatikanum)
In der Liturgie, besonders im heiligen Opfer der Eucharistie, "vollzieht sich das Werk unserer Erlösung", und so trägt sie in höchstem Maße dazu bei, dass das Leben der Gläubigen Ausdruck und Offenbarung des Mysteriums Christi und des eigentlichen Wesens der wahren Kirche wird, der es eigen ist, zugleich göttlich und menschlich zu sein, sichtbar und mit unsichtbaren Gütern ausgestattet, voll Eifer der Tätigkeit hingegeben und doch frei für die Beschauung, in der Welt zugegen und doch unterwegs; und zwar so, dass dabei das Menschliche auf das Göttliche hingeordnet und ihm untergeordnet ist, das Sichtbare auf das Unsichtbare, die Tätigkeit auf die Beschauung, das Gegenwärtige auf die künftige Stadt, die wir suchen. Dabei baut die Liturgie täglich die, welche drinnen sind, zum heiligen Tempel im Herrn auf, zur Wohnung Gottes im Geist bis zum Maße des Vollalters Christi. Zugleich stärkt sie wunderbar deren Kräfte, dass sie Christus verkünden. So stellt sie denen, die draußen sind, die Kirche vor Augen als Zeichen, das aufgerichtet ist unter den Völkern. Unter diesem sollen sich die zerstreuten Söhne Gottes zur Einheit sammeln, bis eine Herde und ein Hirt wird.
Konstitution über die heilige Liturgie, 2. Vatikanum, Nr. 2