Mit einem guten Vorzeichen
Seit unserer Schulzeit ist uns die Bedeutung und Beachtung der Vorzeichen eingeschärft worden: in der Musik der Notenschlüssel, in der Mathematik das Plus und das Minus. Auch aus unserer Alltagserfahrung wissen wir, dass oft das „Wie“ entscheidend ist z.B., ob wir unvoreingenommen oder mit negativem Vorurteil; ob mutig, entschlossen oder ängstlich, zögernd anderen Menschen begegnen.
- In der kommenden Woche öffnen wieder die Schulen ihre Tore und wir alle stehen am Anfang eines Arbeitsjahres. – Unter welchen „Vorzeichen“, „wie“ gehen wir in diese Zeit hinein?
Die liturgischen Texte – Lesungen und Gebete – an diesem Sonntag sind zwar nicht auf diese Frage hin ausgesucht oder formuliert worden. Mit der Frage Jesu: „Für wen halten mich die Menschen?“ und mit dem Glaubensbekenntnis des Petrus wird im Markusevangelium aber das Vorzeichen für den weiteren Verlauf des Weges Jesu und für das Verständnis der rechten Praxis des Glaubens gesetzt.
Die Antworten, die die Jünger Jesus gegeben haben, zeigen die Hoffnungen, die es damals unter den Menschen gegeben hat: man hat Ausschau gehalten nach Boten Gottes wie Johannes, dem Täufer, Elija oder sonst einem Propheten.
Die Antwort des Petrus ist das Glaubensbekenntnis der Kirche: Jesus ist der Christus, der Messias, das heißt: „der Gesalbte“. Im Matthäusevangelium sagt Jesus daraufhin zu Petrus: „Selig bist du, Simon Barjona, denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel“ (Mt 16,17).
- Würde man heute eine Umfrage starten, für wen oder was unsere Mitbürger und Zeitgenossen Jesus halten, würde man auch eine bunte Vielfalt von Antworten erhalten, vermutlich auch unter uns.
Wahrscheinlich würden viele eine Antwort verweigern aus Unkenntnis oder Interesselosigkeit. Es gibt aber auch durchaus beachtenswerte Stellungnahmen – z.B. vonseiten gläubiger Muslime, die Jesus als Propheten achten; oder von Religionswissenschaftlern, die ihn als Religionsstifter ansehen…
Die Frage Jesu: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ ist auch uns gestellt. Das Glaubensbekenntnis meint nicht bloß eine inhaltsleere Ergriffenheit, sondern die Ausrichtung unserer ganzen Persönlichkeit, zu der auch das Verstehen und die Sprache gehören. Und doch: unsere Begriffe versagen, wenn wir das Geheimnis Jesu benennen wollen. Ja:
- Jesus ist der Bote Gottes, aber er ist mehr als ein Prophet: er ist selbst das Wort Gottes.
- Er ist nicht nur ein Erleuchteter, sondern das Licht.
- Er ist der Christus, vom Geist gesalbt, aber nicht nur wie König David,
- sondern der einzigartige Sohn Gottes, er vermittelt uns den Geist Gottes, seinen Geist, durch ihn sind wir mit Gott verbunden.
Es kommt aber nicht nur auf die Richtigkeit der Formulierung an, sondern vorrangig um die rechte Glaubenspraxis, ein Leben in der Nachfolge Jesu. Auf die Ankündigung Jesu über seinen weiteren Weg will Petrus ihn davon abhalten und bekommt einen scharfen Verweis: „Tritt hinter mich, du Satan!“
- In der Lesung aus dem Jakobusbrief haben wir gehört: „So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ Ein einseitiges, schon in der frühen Kirche vorhandenes falsches Verständnis des Glaubens, das sich auf Paulus berufen hat, musste korrigiert werden.
Denn Paulus hat im Galaterbrief vom Glauben, der in der Liebe wirksam ist, geschrieben (Gal 5,6). Erinnern wir uns auch an das Hohelied der Liebe im 1. Korintherbrief: „hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts“ (1 Kor 13,2).
Im Markusevangelium wird diese Haltung mit dem Wort beschrieben: „Wenn einer hinter mir hergehen will, …nehme er sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Dieses Wort, das in der Frömmigkeitsgeschichte „zum Ausdruck entschlossener Martyriumsbereitschaft und schließlich alltäglich-christlicher ‚Aszese‘ geworden“ ist[1], nimmt ursprünglich das Symbol des Taw – das Zeichen des Bekenntnisses zu Jahwe beim Propheten Ezechiel (Ez 9,4-6) auf: „Der nehme sein Kreuz auf sich!“ – das heißt: er bekenne sich durch sein ganzes Leben zu Jesus.[2]
Viele von uns erinnern sich daran, dass ihnen, als sie Kinder waren, von ihren Eltern als Segen ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet worden ist: ein gutes Vorzeichen für die Schulzeit, für unseren Lebensweg: ein Zeichen, dass er, der für uns das Kreuz genommen hat, uns begleitet mit seinem Segen, und eine Aufforderung, ihm unter diesem Zeichen zu folgen.