Vereint mit den Heiligen bei und vor Gott
1. Seit mein Vater vor nunmehr 28 Jahren heimgegangen ist, komme ich immer wieder zu seinem Grab - aus dem einfachen Glauben, dass er, weil er lebt (!), nunmehr auf andere Art und Weise mir zur Seite steht als in den Jahren, als ich ihn leibhaftig als Wegbegleiter wahrnehmen durfte. Ich glaube, dass es vielen oder sogar allen von uns ähnlich ergeht: Das Gespür dafür, dass Verstorbene nicht weg sind, sondern da, lässt sich nicht einfach ausradieren. Zuneigung, Liebe und schöne Erinnerungen bleiben. Gott sei Dank ist dem so, denn ein Teil unseres eigenen Daseins ist in unseren lieben, verstorbenen Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern begründet. Ihre Gegenwart haben wir als einmalig und einzigartig erfahren. Mehr noch - was auch immer auf einem Lebenszeugnis stehen mag - in den uns Vorangegangenen wissen wir um liebe Menschen, die uns begleiten und uns nicht den Weg des Lebens versperren. Wir erleben und denken an sie als solche, die für uns da sind und für uns eintreten. Auch jetzt noch.
2. Dies mag auch der Grund dafür sein, wieso es Heiligenverehrung gibt: Als Glaubensgemeinschaft sehen wir in ihnen Menschen, die den Weg des Lebens auf der Erde vorbildhaft und den Menschen zugewandt zu Ende gegangen sind, die - um es in der Sprache unserer Zuversicht und damit des Glaubens auszudrücken - also bei Gott angekommen sind. Sie sind Menschen, die sich die Bergpredigt - wir haben sie eben gehört - wahrlich zu Herzen genommen haben. Und weil ER ewig ist, ist er auch im Heute da und mit ihm die Heiligen. Sie sind es, die Himmel und Erde gleichsam verbinden. Sie sind somit Quelle der Freude und Freundschaft, der Hoffnung und Zuversicht. Sie geben uns auf den verwirrenden und schwierigen Abschnitten unseres Erdendaseins Hoffnung und Kraft und signalisieren, dass unser aller Zukunft neues Leben und nicht das Versinken im ewigen Tod ist. Wenn wir dies ernst- und glaubend annehmen, dann werden Heilige für uns zu Personen, die uns Menschen zusammenführen, weil sich bei ihnen unsere Lebenswege gleichsam kreuzen und treffen. So sind Heilige als Patrone von Kirchen oder Berufsgruppen auch heute verbindend "tätig" zwischen uns Menschen, aus welcher sozialen Gruppe wir auch kommen mögen.
3. Gerade in unserer Zeit, in der vieles auseinanderdriftet, in der sich das persönliche Leben oft in Blasen abspielt und ein "darüber hinaus" beinahe nicht möglich scheint oder auch nicht gewollt ist, können Heilige als ewig Lebende uns Hilfe sein und Orientierung geben, um die Gräben zwischen Einzelnen zu überwinden und die Einheit zu fördern. Wenn wir heute aller Heiligen gedenken, dann dürfen wir uns - egal welcher Heilige "unser Spitzenreiter" ist - mit den Heiligen vereint bei Gott wissen und uns einlassen auf den Weg zueinander und miteinander, auf dem wir unterwegs sind zu Gott. Die Hoffnung, dass wir nie alleine gehen, dass wir begleitet sind von den Heiligen und unseren geliebten Vorausgegangenen, sei am heutigen Tag und in diesen unseren herausfordernden Zeiten jedem und jeder von uns mitgegeben.