Gottgeschenkter neuer Anfang durch Jesus
Vor wenigen Tagen hat die Kirche des hl. Martins von Tour gedacht, am kommenden Freitag, den 19. November feiern wir den Festtag der hl. Elisabeth: diese Heiligen, die übrigens einen Bezug zu Mitteleuropa haben – Martin wurde im heutigen Szombathely (Steinamanger), Elisabeth in Bratislava (Preßburg) geboren – diese Heiligen sind Symbole für praktizierte Nächstenliebe und Patrone der Caritas. Papst Franziskus hat den Sonntag zwischen diesen beiden Gedenktagen zum „Welttag der Armen“ ausgerufen – und wir sind heute um unsere Spenden für Bedürftige gebeten, die von der Caritas betreut werden.
- Die Bibeltexte dieses vorletzten Sonntags im Jahreskreis sind allerdings nicht im Hinblick auf diesen „Welttag der Armen“ ausgesucht worden, sondern lassen uns in einer Jahreszeit, zu der sowohl bunte Vielfalt und Farbenpracht in der Natur als auch das Fallen der Blätter, Nebel und zunehmendes Dunkel gehören, an das Ende denken – u n d an einen gottgeschenkten neuen Anfang.
Aus dem alttestamentlichen Prophetenbuch Daniel haben wir von einer „Zeit der Not, wie noch keine da war“, gehört, und auch das Evangelium zeichnet uns Bilder, die uns an die Zerstörungen der Kriege, an Naturkatastrophen, Verfinsterung des Horizonts durch brennende Ölfelder und Vulkanausbrüche erinnern: umgangssprachlich nennt man das „apokalyptisch“.
Mit dem Wort Apokalypse verbinden wir Schrecken, Chaos, Untergang – und tatsächlich: wer solche Erfahrungen gemacht hat, denkt an ein Ende – des eigenen Lebens, der Kultur, der Welt. „Apokalypse“ meint aber nicht Katastrophe oder Weltuntergang, sondern heißt wörtlich übersetzt „Enthüllung“ oder „Offenbarung“. Unter diesem Begriff hat sich eine eigene Literaturgattung entwickelt: Schilderungen von Visionen, freilich mit zumeist einem negativen Verlauf der Menschheitsgeschichte.
- Was wird enthüllt, was wird offenbar gemacht? Auch die Prophetenlesung und das heutige Evangelium scheinen zunächst hauptsächlich vom Niedergang zu künden, - und damit sind auch immer wieder irrtümlich Vorhersagen über das Ende der Welt angestellt worden.
Aber wie man aus dem biblischen Schöpfungsbericht keine physikalischen, naturwissenschaftlichen Schlüsse ziehen darf, so darf man auch aus diesen apokalyptischen Texten keine Berechnungen über das Weltende ableiten. Sie sind kein Libretto für den Weltuntergang. Ausdrücklich wird am Ende des Evangeliums vermerkt: „jenen Tag und die Stunde kennt niemand, sondern nur der Vater“.
Wozu aber sonst gibt es solche Offenbarungen? Wir werden dadurch zunächst zu einem gesunden Realismus über unsere menschliche Grundsituation, die CONDITIO HUMANA, gemahnt: es gibt keine Formel, nach der das Böse unmöglich gemacht werden könnte, die Versuchbarkeit der Menschen, der Egoismus einzelner und ganzer Völker und Staaten sind eine traurige Tatsache. Wir dürfen nicht verdrängen, verschweigen oder gar leugnen, was es auch an entsetzlichen Untaten in der Menschheit gegeben hat und gibt.
Aber es gibt auch einen Fortschritt in der Menschheit - Papst Paul VI. hat darüber in der Enzyklika POPULORUM PROGRESSIO geschrieben und zu einer weltweiten Gerechtigkeit und zur Solidarität aufgerufen. Schon Johannes XXIII. hat in PACEM IN TERRIS die Wahrung und Durchsetzung der Menschenrechte als Garanten des Weltfriedens gefordert und dafür große Zustimmung gefunden. Und der jetzige Papst hat wiederholt von seiner Vision von einer Menschheitsfamilie (FRATELLI TUTTI) gesprochen und zum Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung (LAUDATO SI‘) aufgerufen. Freilich: dazu bedarf es einer Umkehr, eines Umdenkens: immer wieder – bei jedem von uns, aber auch in der Gesellschaft.
- Schließlich wird uns in diesen Bibeltexten aber auch verkündet – und die Zeichen der Jahreszeit erinnern uns daran: es gibt für jeden von uns ein Ende dieses Lebens. Weder eine Verdrängung dieser Wahrheit, noch die ständige Beschäftigung mit dem Tod tun uns gut und sind gesund.
Das Buch Daniel ist das erste Buch in der Bibel, in dem auch ausdrücklich vom „ewigen Leben“ die Rede ist. Im Evangelium ist uns heute verkündigt worden, dass das Ende nicht Finsternis, Chaos, Untergang sein wird, sondern einen gottgeschenkten neuen Anfang bringt im Kommen Jesu, des Menschensohns, in unserem Tod und am Ende der Welt: Christus führt uns zur Einheit von überallher zusammen und schafft einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Jesus hat uns zu beten gelehrt: das Reich Gottes bricht an, wenn und wo der Wille des Vaters geschieht. Menschen, die aus der Liebe zu Gott und zu den Nächsten leben - wie z.B. die hl. Elisabeth und der hl. Martin -, lassen etwas vom Himmel aufleuchten. Solche Menschen ermutigen uns, auch selbst Zeugen eines neuen Himmels und einer neuen Erde zu sein und zu werden.