Ostersonntag
Auferstehung: das Gemeinsame und damit das Leben sehen
Foto Christian Brunnthaler
Christus ist erstanden. Er ist wahrhaft auferstanden!
- Da sah also der erste Jünger, der zum Grab gekommen war, in dieses hinein. Die Frau, Maria von Magdala, die die Jünger aufgeschreckt hat, damit sie überhaupt zum Grab eilten, sah den vom Grab entfernten Stein und befürchtete, man habe nun auch noch den Leichnam ihres Rabbi gestohlen. Auch wir sind heute versucht, uns in Sorgen, im Tod, in Grabesluft zu verfangen:
- Krieg und Terror und die damit verbundenen menschlichen Tragödien - auch von Flüchtenden - lähmen viele in der Perspektive auf Hoffnung. Vordergründig ist das verständlich.
- Armut, Teuerung und die vielen damit zusammenhängenden Fragen lassen viele wie im Tod erstarren oder in Anklage versinken. Die Zukunft scheint ihnen zwischen den Fingern zu zerrinnen.
- Krisen am Arbeitsmarkt, weil es da und dort zu wenige Arbeitnehmer und -nehmerinnen gibt, oder auch in der Wirtschaft mit Problemen mit Lieferketten und und und ... All das lässt viele weltweit fragend zurück. Gibt es Licht am Ende des vermeintlichen Tunnels?
- Die Pandemie ist überstanden, wirkt aber nach. Die Maßnahmen - im Nachhinein ist man zumeist klüger - haben gesellschaftliche Verwerfungen eruptiv ans Tageslicht gespült. Was hält unsere Gesellschaft (noch) zusammen - auch angesichts der oft massiv eingeforderten, persönlichen Freiheiten zulasten der Gemeinschaft?
- Psychische Belastungen entstehen, weil vielen die Geschwindigkeit in der Gesellschaft und andere Phänomene die Luft zum Atmen rauben.
- Forderungen an die Kirche, besonders in unserer Weltgegend, die es seit Jahrzehnten gibt und die nach wie vor nicht erfüllt sind, lassen sowohl konservative wie auch fortschrittliche Menschen zweifeln an der Verheutigung des Evangeliums.
- Austritte, Zuzug von Andersgläubigen, fehlende Kirchenbindung, da und dort ein Traditionschristentum, das sich mit Bräuchen zufriedenzugeben scheint, lassen Engagierte fragen: "Habe ich aufs falsche Pferd gesetzt?"
- Die Schere zwischen Arm und Reich, die weltweit noch immer weiter aufgeht, diverse Geschlechter, das Nord-Süd-Gefälle mit einem neo-kolonialistischen Einschlag á lá "Wir wissen es ohnedies besser für euch!"... All das bedingt auch eine Erschöpfung derer, die sich engagieren, um endlich das "eine Haus, das die Welt für uns ist", nicht nur auf dem Papier als solches zu benennen, sondern auch erfahrbar zu machen.
Im Grab nahe Golgotha waren es Leinenbinden und das Schweißtuch, im Dunkel des Weltgeschehens liegend. Heute sind es andere Gräber, alle geprägt von Hoffnungs- und Perspektivenlosigkeiten, von Tod statt von Leben.
- Der andere Jünger, "der als Erster an das Grab gekommen war [..]; er sah und glaubte" sofort. Wir tun uns noch leichter. Wir wissen von der Auferstehung. Wir sind überzeugt, dass alles, was todbringend erscheint, ewiges Leben im Reich Gottes bedeutet. Wir sind berufen, diese frohe Botschaft, dieses Licht zu schenken und nicht das Dunkel des Todes zu bewahren. Dank Gottes Liebe gibt es Leben und Zukunft - trotz aller Erfahrung von Krieg, Leid und Elend. Mein Freund, der Weihbischof von Lemberg, ist mir hierfür ein Lehrer, wenn er mir immer wieder Zeichen des Lebens übermittelt, Bilder voll Hoffnung aus der Ukraine. Jüngst erst wurden Bäume gepflanzt und damit Zukunft gesät im Andenken an einen Großerzbischof der unierten Kirche, der vor 90 Jahren geboren wurde und diese wieder auferstandene Kirche eine Zeitlang geführt hat.
- Die Auferstehung heute zu bekennen lädt mich, lädt uns alle ein, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, nicht darauf zu warten, dass andere oder diverse Organisationen und das Gemeinwesen etwas tun gegen die Not, sondern mich einzubringen und meinen Teil zu tun, damit das Zueinander möglich wird; in der realen wie der virtuellen Welt der (un)sozialen Medien. Und Gott sei Dank engagieren sich viele, weil sie die Würde des Menschen da und dort bedroht sehen.
Ostern zu feiern, bedeutet auch, das Neue des Lebens im Blick zu haben und nicht in die gewohnten Muster des Be- und Verurteilens zu verfallen, sondern den ersten Schritt auf andere zuzutun. Dort um Verzeihung zu bitten, wo man Schuld auf sich geladen hat, oder auch Barmherzigkeit zu üben, weil sonst Zukunft verbaut wird, hat noch niemandem geschadet, sondern es erleichtert und ermöglicht stets neues Aufleben.
Mit dem Auferstandenen unterwegs zu sein, also Kirche zu leben, heißt, gemeinsam - synodal - einherzuschreiten. Es heißt, die anderen zu hören und zu verstehen. Es heißt, die andere wahrzunehmen, zu integrieren. Es heißt, den anderen vorurteilsfrei anzunehmen. All das tut gesellschaftlich Not. - Österlich zu leben, meint schlicht, ein Leben zu führen, mit dem Gott Freude hat, wenn "ER uns im Heute entgegenkommt!" Österlich zu leben heißt, die Hoffnung im lebendigen Christus zu sehen und nicht an den Problemen und am Tod zu verzweifeln. Österlich zu leben ist getragen von der Erkenntnis, dass das Leben siegt und nicht der Tod. Der Ostermorgen ist die Stunde, in der wir wahrlich aufleben können. Denn Christus ist auferstanden.