Weihnachten – Begegnung mit Christus

In wenigen Tagen feiern wir Weihnachten und freuen uns darauf. Das Fest braucht viele Vorbereitungen, solche, die uns Freude machen, und solche, die mühsam sind. Wir Älteren erinnern uns daran, dass es vor noch gar nicht so langer Zeit den „Silbernen“ und den „Goldenen Sonntag“ vor Weihnachten gegeben hat, und dass im Mittelalter gerade die hohen Festtage – z.B. Kirchweih – Anlass für Märkte waren, weil an ihnen die Leute zur Kirche gekommen sind und dieses Zusammenkommen auch für Einkäufe genutzt haben. Auf dem Land wird manches davon auch heute praktiziert.
- Auch das vorhin verkündete Evangelium dieses vierten Adventsonntags vom Besuch Marias bei Elisabeth und von der ersten Begegnung Jesu mit Johannes will uns auf das Christfest hinführen.
Das Eigentliche des Christfestes und unseres Lebens als Christen ist diese Begegnung mit Christus, nicht nur mit ihm, dem Kind in der Krippe, sondern mit ihm, der als Gott unser Menschsein angenommen hat; mit ihm, in dem uns die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes erschienen; mit ihm, der uns Menschen in allem gleich geworden ist, aber nicht gesündigt hat; Begegnung mit ihm, der das Kreuz auf sich genommen hat, mit ihm, der auferweckt mitten unter uns ist.
Weihnachten – ein Fest der Begegnung? Die Vervielfältigung von Kontakten bei gleichzeitiger Abnahme der Intensität gilt als ein Kennzeichen städtischen Lebensstils[1]. Manchmal sind wir zwar froh, keine Leute zu treffen. Vor drei Jahren haben uns die Beschränkungen in der Bekämpfung des Virus aber auch bewusst gemacht, wie wichtig Begegnungen sind: Nicht das oberflächliche Aneinander-vorbei, sondern das, wovon der Schriftsteller Reinhold Schneider geschrieben hat: „Begegnungen geschehen zur rechten Zeit: erst wenn sie von innen her möglich geworden sind“[2]. Martin Buber, der jüdische Religionsphilosoph und Bibelübersetzer, hat in seinem Essay „Ich und Du“ geschrieben: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung… Ich werde am Du“[3]. Begegnungen sind uns lebensnotwendig, weil wir einander brauchen. Eine solche gnadenhafte Begegnung sollte Weihnachten werden.
- Im Evangelium haben wir von der Begegnung der beiden schwangeren Frauen und der Kinder, die sie in ihrem Leib tragen, gehört.
Darin werden einige Voraussetzungen genannt, dass das Christfest zu einer solchen Begegnung werden kann;
- zunächst: Maria hat sich auf die Botschaft des Engels hin auf den Weg gemacht zu ihrer Verwandten. Glauben heißt nicht, einen Standpunkt haben, sondern auf das Wort Gottes hin sich auf Gott hin zu verlassen.
- Auch Maria hatte es nötig, im Glauben bestärkt zu werden. Dazu brauchen wir den Glauben der anderen, durch den der Geist in uns den Glauben weckt und bestärkt.
- Maria ist Elisabeth in der letzten Zeit ihrer Schwangerschaft beigestanden. Christlicher Glaube ist keine Ideologie, sondern will wirksam werden in der Liebe, im Dienst aneinander.
- Weihnachten – ein Fest der Begegnung! Am Beginn des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach findet sich die erste Strophe des Chorals „Wie soll ich dich empfangen und wie begegn‘ ich dir?“
Das ist die Adventfrage, mit der wir uns auf das Christfest vorbereiten sollen. Bach hat für diese Liedstrophe von Paul Gerhard die uns vertraute Melodie von „O Haupt voll Blut und Wunden“ gewählt. Damit hat der Leipziger Thomaskantor die Menschwerdung Gottes und unsere Menschwerdung mit dem Geheimnis von Tod und Auferstehung Jesu verbunden.
Die Begegnung mit Jesus soll uns zu dem bewegen, was Paulus im Hymnus des Philipperbriefes schreibt: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht“: in seiner Menschwerdung hat er „sich erniedrigt und ist gehorsam geworden bis zum Tod. Darum hat ihn Gott über alle erhöht, damit alle ihre Knie beugen und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr, zur Ehre Gottes, des Vaters“ (Phil 2,5-11).