Heute (?!): "Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn"
1. In welcher Welt rufen wir heute: "Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!"? Viele Nachrichten quälen uns ja seit Monaten. Vor lauter "anschauen müssen" können und wollen wir sie kaum mehr wahrhaben und nicht mehr hinschauen. Zu benennen sind unter anderem:
- Verwüstungen durch außerordentliche Wetterereignisse und -kapriolen rund um den Erdball - Regen und Überschwemmungen genauso wie Trockenheit und Feuer mit unzähligen Toten
- zunehmende Spannungen wegen Meinungsverschiedenheiten zu Fragen in der Gesellschaft - oft lauthals vorgetragen; in der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols in Washington vor mehr als einem Jahr deutlich eingebrannt in das Geschichtsbild
- Terrorattacken - nicht nur weit weg, sondern am 2. November 2020 auch vor unserer Haustür - und Amokfahrten, Amokläufe und ähnlich Schreckliches mehr
- vermeintliche Skandale von Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, werden aufgedeckt und einer gerichtlichen Verfolgung zugeführt
- Missbrauch in verschiedenen Abstufungen, bei weitem nicht nur in der Kirche, zeichnen ein düsteres Bild vom Menschen
- Frauenmorde und Beziehungsdramen in einer für Österreich unerwartet hohen Zahl
- verheerende Zustände in Flüchtlingslagern an den Grenzen Europas
- Erdbeben in Kroatien mit vielen Zerstörungen vor einiger Zeit, vor einigen Wochen erneut knapp vor der Atom-Ruine in Fukushima
- die Teuerung treibt immer mehr Menschen hinein in eine Situation, die sie sich so wohl nicht gedacht haben und vorstellen konnten ...
Die Liste kann fortgeführt werden - und Sie merken, bislang habe ich noch nicht mal von der Pandemie gesprochen, die die Welt seit mehr als zwei Jahren in Atem hält. Ich habe auch noch nicht den Krieg erwähnt, der seit Wochen in der Ukraine tobt und bei Jung und Alt traumatisierende Erfahrungen und Bilder hochkommen und Flüchtlingsströme anschwellen lässt in einem Ausmaß, das Europa so noch nicht gekannt hat. Ganz zu schweigen etwa von den Auswirkungen auf die weltweite Nahrungsversorgung durch fehlendes Getreide. Ich habe auch nicht von den vielen, schwierigen Erfahrungen des Scheiterns und Versagens im eigenen, kleinen Leben gesprochen. Und auch nicht davon, dass sich anscheinend all dies immer schneller und intensiver vor unseren Augen abspielt.
2. Hier hinein (!) und nicht in eine gekünstelte, weichgespülte Erfahrung von Welt rufen wir mit der ganzen Christenheit am heutigen Tag: "Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!" - Wie sehr doch diese, unsere Welt Heilung nötig hat. Wie sehr doch diese unsere Welt sich nach einem Aufleben sehnt. - Und wie groß doch unser Auftrag ist, den uns der anvertraut hat, der damals, vor rund 2000 Jahren, aus dem Elend des Todes inmitten einer ebenso unruhigen Welt durch die Auferstehung befreit wurde! Und gerade deswegen entdecken wir:
- wie viel Gutes zum Leben im Kleinsten und Kleinen auch bei uns gesagt wird,
- wie viel Aufmerksamkeiten jenen [neu] zugutekommen, die Not leiden oder einsam sind,
- wie sehr wir dankbar sein können für die Errungenschaften unseres Sozial- und Wohlfahrtsstaates, der uns beherbergt und sich auch in Krankheit und Pflegebedürftigkeit um Hilfe müht,
- wie viel durch Familien, wie viel durch Vereine und Interessensgemeinschaften und auch durch die Kirche an Miteinander zwischen den Geschlechtern und den Generationen ermöglicht wird,
- wie viel an Heilung und Zukunftshoffnung durch Begegnung im weiten Umfeld der Kirche ermöglicht wird,
- wie viel Menschen im Einsatz für andere in der Bildung leisten, von Kindesbeinen an bis hinauf in das Alter jenseits aller sogenannten "formalen" Bildungsangebote,
- wie frei wir zu unserer Meinung und zu unserem Glauben stehen und ihn feiern können,
- wie viele sich mühen in den Geschäften, dass uns weit mehr als das Lebensnotwendigste zur Verfügung steht,
- wie viele sich reinwerfen, um uns alle aufzurütteln, dass uns und den Generationen nach uns das "gemeinsame Haus Welt" in seiner Schönheit erhalten bleibt,
- wie viel auf der Suche sind nach dem, was wirklich zählt und bleibt ...
- wie viel .... - einiges könnten Sie und ich hier noch anführen, über das es sich zu freuen lohnt.
3. Noch einmal: Hier hinein (!) - in eine Welt also, die voll Schwierigkeiten, aber auch voll von schönen Erfahrungen ist, rufen wir: "Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!" Nehmen wir doch die ganze Wirklichkeit (!) wahr und rufen wir uns in alledem, was uns zuwider ist, ins Bewusstsein, dass er gerade deswegen Mensch wurde, um uns zu befreien aus der Unterjochung des Bösen, das wir derzeit so massiv erleben. Nehmen wir IHN wahr mitten unter uns und tun wir alles, jede und jeder von uns, dafür, dass ER unter uns erfahrbar ist und bleibt. Dann gibt es Hoffnung. Und niemand wird, so wie bei Jesaja zu hören war, in Schande, ja in Verzweiflung enden.