Das Herzstück der Stadtkrone von Graz, der Grazer Dom, erstrahlt in neuem Licht. Kräftige Farben, helles Licht, weiße Wände, glänzende Bänke prägen das Bild des renovierten Kirchenschiffs, der beiden Seitenschiffe und des Presbyteriums.
Längst bevor die eigentliche Arbeit im Dom begann, wurden monatelang Erhebungen und Befundungen durchgeführt. Wertvolle Hinweise ergaben Aufzeichnungen früherer Restaurierungsmaßnahmen. Die letzte Gesamtrenovierung erfolgte zwischen 1962 und 1964. Von der Bauabteilung der Diözese Graz-Seckau wurde der Renovierungsplan erarbeitet, Architekt Peter Grabner mit der Bauleitung beauftragt.
Das Interesse an der Beschaffenheit der Originale, an möglichen Veränderungen oder gar Beschädigungen im Lauf der Zeit sind für die Restaurierungsmaßnahmen maßgeblich. Putzgrenzen, Ritzungen, Vorzeichnungen, Spolvero, Pentimenti usw. sind entscheidende Erkenntnisquellen.
In einem ersten Schritt wurden die Langbänke des Hauptschiffes ausgebaut und für den Gerüstaufbau entfernt. In der Leere der Halle konnte man die Wirkung der spätgotischen Hofkirche erahnen.
Ca. 42 Tonnen Gerüst mussten in das Hauptschiff eingebracht und aufgestellt werden, um den Zugang bis an die Decke zu gewährleisten. Drei Plateaus ermöglichten die Arbeiten an den Deckenmalflächen und Fresken und boten Zugang für Baustellenführungen.
Die gotischen Fresken wurden gereinigt und sorgsam aufgefrischt. Die Gottesmutter Maria mit den Jesuskind, die heilige Barbara mit dem Turm und der heilige Sebastian sind nunmehr im südlichen Seitenschiff deutlich erkennbar. Für ein Segment wurden ca. 250 Arbeitsstunden aufgewendet.
Man glaubt es kaum, wieviel Schmutz sich im Lauf der Jahre angesetzt hat. Alle Malflächen wurden händisch mit kleinen Spezialschwämmchen gereinigt. Die Färbelung erfolgte durch mehrfachen Kalkanstrich.
Der Blick nach oben fällt natürlich auf die beiden Christopheri über den ursprünglichen Ausgängen. Der eine trägt den Herzogshut und die Gesichtszüge von Friedrich III. (1415-1493). Der andere wird, der volkstümlichen Legende entsprechend, als Riese dargestellt. Das auf seiner Schulter sitzende Jesuskind lächelt uns wieder mit einem erkennbaren Gesicht zu, hell erleuchtet durch die moderne Lichtanlage in den Seitenschiffen sowie im Hauptschiff – ein modernes Statement.
Auffallend hell sind die Altarblätter der großen Seitenaltäre, des Sakramentsaltars und des Ignatiusaltares geworden, die Pietro de Pomis zugeschrieben werden. Vor allem das Altarbild des Sakramentsaltares, das die „Verkündigung an Maria“ darstellt, welches mit 1618 datiert ist, bot einige Überraschungen. Kittungen der Malschichtausbrüche sowie Festigung von lockeren Bereichen wurden durchgeführt. Inadäquate Retuschen und großflächige Übermalungen mussten abgenommen werden. Dabei wurden einige Nahtstellen sichtbar. Es liegt die Annahme nahe, dass durch Doublierungen unterschiedliche Zusammenfügungen erfolgten.
Die aus Kalkstein und weißem Carraramarmor bestehenden Seitenaltäre wurden ursprünglich von Graf Sigismund Friedrich Trauttmannsdorff (1623-1675) gestiftet. Der Sakramentsaltar (auch Marienaltar genannt) und der Ignatiusaltar wurden 1766 von Veit Königer mit Steinmetzarbeiten von Joseph Carlone grundlegend erneuert.
Nachdem alle Metallteile fachgerecht abgenommen waren und jedes Teil nummeriert worden war, zeigte sich der nackte Stein, ein ungewöhnlicher Anblick. Viele Steinelemente wurden mit Heißdampf gereinigt. Altkittungen mit Naturharzverklebungen wurden vorsichtig abgenommen und mit einer reversiblen, gilbungsfreien Neuverklebung versehen. Das schwerst beeinträchtigte Grabmonument von Sigismund Trauttmannsdorff bedurfte besonderer Maßnahmen. Nehmen Sie sich Zeit, dieses restaurierte Werk näher zu betrachten.
Die barocke Kanzel und die Bänke wurden vom Schmutz befreit und restauriert. Der Boden im Gestühl und die Kniebänke wurden erneuert.
Altarraumerneuerung
Vor allem ist der aus Stein und buntem Marmor gefertigte Hochaltar (1730-1733) hervor zu streichen. Auf seinem untersten Gesims ist auf der linken Seite stehend Ignatius v. Loyola dargestellt, an seinen Füßen kniend Franz Xaver. Auf der linken Seite werden die Jesuiten Franz de Borgia, und an seinen Füßen kniend, Stanislaus Kostka vorgestellt. Sie alle wurden in den letzten Monaten gereinigt, Schadstellen restauriert, fehlende Finger ergänzt. Sie alle strahlen uns im Glanz der neuen LED-Beleuchtung augenfällig entgegen.
Die Neugestaltung des Altarbereichs mit einem neuen Ambo und einem neuem Altar wird auf der Folgeseite skizziert.
Zeitweise arbeiteten über 30 Personen zugleich an unterschiedlichen Objekten. Fachmännische Präzision und Expertise zeichnen die Arbeiten aus. Dafür danken wir allen Beteiligten!
An der Finanzierung beteiligten sich die Diözese Graz-Seckau, die Dompfarre, das Land Steiermark, die Stadt Graz, das Bundesdenkmalamt und viele großzügige Partner und SpenderInnen. Ihnen allen sei ein herzliches „Vergelt’s Gott!“ gesagt.
Die nächsten Renovierungsschritte sind seit dem Frühjahr 2021 im Gang. Die Seitenkapellen werden runderneuert. Bitte begleiten Sie diese weiterhin mit Ihrem Gebet und Ihrer Unterstützung.
Christian Brunnthaler