von Bildhauer Wilhelm Scherübl
Die Architektur der Kathedralkirche der Seckauer Bischöfe war seit ihrer Entstehung auf den Hochaltar ausgerichtet und darauf abgestimmt. Durch das zweite Vatikanische Konzil hat sich die Ausrichtung der Liturgie umgedreht, seither besteht die Aufgabe darin, für die bestehende Architektur eine möglichst gute und überzeugende Lösung für den neuen liturgischen Ablauf zu finden.
Diese Kriterien waren bei der Neugestaltung besonders zu berücksichtigen, ich habe versucht mit den bestehenden Sichtachsen zu arbeiten und die visuelle Verbindung zum Hochaltar bestmöglich zu gewährleisten. Die Altarlösung soll diese Blickachse unterstützen.
Der Altar soll selbstbewusst die neue Mitte definieren.
Um das zu erreichen, habe ich einen monolithischen Block mit einer nahezu quadratischen Grundfläche und einer Höhe von 97cm gewählt, aus dem Altar und Ambo gefertigt wurden. Die Fläche der Mensa des neuen Altars entspricht dem bisherigen Altarprovisorium und ist groß genug, um die liturgischen Gegenstände gut und würdevoll zu inszenieren. Der Altar ist sowohl Tisch als auch schützende Form, welche die Architektur des Kirchenschiffs weiterschreibt.
Gedanklich entspricht der Altar der horizontalen Achse des Kreuzes, aus dem die Säule für den Ambo herausgeschnitten und aufgerichtet wird. Der Ambo entspricht somit der vertikalen Linie und vervollständigt das Kreuz, das Himmel und Erde verbindet und auf diese Einheit verweist.
Die Gestaltung und Materialität des Altars soll selbstbewusst die neue Mitte ausstrahlen, lässt aber auch genug Raum in Verbindung zur bestehenden Architektur und mindert das Erleben des Presbyteriums mit dem Hochaltar nicht. Die Neugestaltung versucht eine Einheit zu formen, deren Gemeinsamkeit ein Ringen um Qualität, über stilistische Zeitepochen hinweg, vermittelt.
Um eine gute Sichtbarkeit des Bischofs zu gewährleisten, wurde für die Kathedra ein Podest in Stufenhöhe eingezogen, das diese und die beiden begleitenden Sitze für die Diakone zu einem Skulpturenensemble verschmilzt.
Die Kathedra steht auf der zentralen Achse, die Altar und Hochaltar miteinander verbindet und unterstreicht die Symmetrie des Kirchenraumes, sie ist in ihrer Form ein sehr schlichter Gegenstand aus massivem Eichenholz in guter handwerklicher Qualität und Verarbeitung. Diese Kriterien bestimmten die gesamten Gestaltungaufgaben für die Neugestaltung der Altarzone im Grazer Dom.
Der Ambo ist als erhöhter Ort ausgeformt. Über eine Stufenkonstruktion wächst er vom Presbyterium in den Kirchenraum. Ausgebildet als monolithischer Block mit keilförmiger Ausnehmung als Evangeliar Auflage, die sowohl das Buch als auch den Lesenden gut sichtbar für die Gläubigen zeigt. Er ist im selben Material wie der Altar ausgeführt.
Das bereinigt und beruhigt die architektonische Situation im Übergang vom Hauptraum zum Presbyterium mit dem Hochaltar und schafft einen offenen Raum mit Konzentration auf die Prinzipalobjekte der Neugestaltung.
Als Material für Altar und Ambo habe ich den dunklen graugrünbraunen Seiser Basalt aus Südtirol gewählt. Er ist ein sehr edler dunkler Stein, der Beständigkeit, Würde und Stabilität ausstrahlt. Die Oberfläche ist gebürstet und erhält dadurch einen lebendigen Charakter.
Sämtliche Objekte wurden direkt auf den Boden gestellt, dadurch entsteht keine bauliche Verbindung zum Bestand.
Die Eichenmöbel erhalten eine matte, dunkle, grau-silbrige Oberfläche, die abschließend geölt wird. Mit dieser Materialwahl und Oberflächenbehandlung gelingt eine Einheit mit den dunklen Steinobjekten und das gesamte Ensemble ist in seiner Form, seiner Materialität und seinem Gewicht sehr präsent und wird dadurch als zeitgenössische Gestaltung erlebbar.
November 2020