In der Nachfolge des Auferstandenen Kirche leben
1. Wenn wir uns Christen nennen, so bedeutet dies Nachfolge Jesu Christi zu leben. Es geht für uns darum, uns stets an IHM zu orientieren, sich hinzukehren, sich zu bekehren und vor allem, um IHN im Heute zu entdecken. Wie sehr wir doch versucht sind, den Lebenden bei den Toten, in der Leere eines Grabes zu suchen - und darüber zu verzweifeln so wie Petrus und die Apostel am See. Aber: ER ist auferstanden. In Galiläa lädt ER seine Jünger zum Mahl, dort fordert ER auf, alles zu geben, was an Liebe möglich ist, macht seinen Jüngern Mut zum Neubeginn. Ein hoffnungsvoller Neubeginn, der uns allen offensteht.
2. "Soziologische Studien sagen uns, dass in unserer Welt die „Beheimateten“ weniger werden [...] und die „Suchenden“ mehr werden. Darüber hinaus steigt jedoch die Anzahl der [..] Menschen, die sowohl religiöse Fragen als auch traditionelle Antworten gleichgültig lassen. Die Hauptlinie der Aufteilung läuft nicht mehr zwischen denjenigen, die sich für Gläubige halten und denjenigen, die sich für Ungläubige halten. „Suchende“ gibt es sowohl unter den Gläubigen [...] als auch unter den „Ungläubigen“, die religiöse Vorstellungen ablehnen, die ihnen ihre Umgebung vorlegt, die jedoch trotzdem die Sehnsucht nach einer Quelle spüren, die ihren Durst nach dem Sinn stillen könnte", schreibt angesichts von leeren Kirchen der tschechische Priester Tomáš Halík zu Ostern 2020[1]. Können wir angesichts dieses Befundes von "Kirche" und damit Nachfolge sprechen? Ähnelt nicht die Situation heute der Verzweiflung nach dem vermeintlichen Tod Jesu?
3. Doch zum Verzweifeln gibt es für uns Christen keinen Grund. Lassen wir uns nicht von Traurigkeit tragen. Lassen wir uns ein auf alle, die suchen - gerade am Rand der Gesellschaft und an den Rändern der Kirche. Rühren wir Seine Wunden an, indem wir die zahlreichen Verwundungen dieser Welt und der Menschen sehen, auch wenn sie uns wehtun. Wir dürfen auch ehrlich sein: Es gibt weit mehr Leid, Not, Tod und Elend, als wir annehmen oder verkraften können. Gerade heute angesichts der medialen Überforderung, die uns so viel aufdrängt und zumutet, dass wir nicht mehr hinschauen können. Was die Kirche betrifft: Jesus forderte seine Jünger am See auf, das Netz auf der anderen Seite auszuwerfen. Wagen auch wir Neues und hüten wir uns davor, alle, die wir im Blick haben, in jenen Rahmen zu packen, der uns kirchlich lieb geworden ist, weil er über Jahrhunderte der - scheinbar? - rechte Rahmen war, in den unser Glaube gefasst wurde. Tatsache ist: ER ist schon längst bei allen und wir können und sollen mit allen Menschen guten Willens, egal, wo sie leben, Kirche sein und leben. Dort, wo Not und Hunger ist, heißt es, für seine liebende Nähe - organisiert oder nicht – im wahren Sinn des Wortes anzupacken in den Formen, die gerade möglich sind. Dort, wo Menschen hungern danach, in ihrer Würde ernstgenommen zu werden, sind Christen gefordert, diese zu unterstützen, damit das Ebenbild Gottes, das jeder Mensch ist, mehr und mehr durchscheinen kann.
4.Der Sohn Gottes ist der Grundstein der Kirche. Die Kirche ist Wohnung Gottes und wir alle sind die lebendigen Bausteine. Daran erinnert unser heutiges Fest der Kirchweihe mitten in der österlichen Zeit, in der uns das Bekenntnis zum Auferstandenen wiederholt abverlangt wird. Dieses Bekenntnis fordert uns bisweilen und es kann unbequem sein, wie wir in der Lesung aus der Apostelgeschichte und im Evangelium gehört haben. Aber das ist nicht umsonst. Es führt uns hin zu Gott - zu Herrlichkeit und zum ewigen Leben.
[1] Tomáš Halík: Christentum in Zeiten der Krankheit [https://www.kloster-nuetschau.de/download.html?f=oblaten%2FSondernummer_Tomas_Halik_Christentum_in_Zeiten_der_Krankheit_2020.pdf 14.4.2022]; vgl. auch sein Buch: Die Zeit der leeren Kirchen, Freiburg 2021.