Palmsonntag
Dem Leben zujubeln
Foto Christian Brunnthaler
- Wir tragen Zweige als Zeichen für das aufblühende Leben in unseren Händen. Die frischen Zweige sind ein wunderbares Zeichen dafür, dass vieles sich im Aufbruch, im Aufleben befindet; Jahr für Jahr wieder, trotz aller Bedrängnis. Ich möchte uns alle am heutigen Palmsonntag einladen, aufzuleben und Aufbrüche, ja neues Leben zu entdecken, dass es vielfach gibt – mitten in allem, was an Unvollkommenem und Enttäuschendem, an Herausforderndem, an Elend, Not und Tod da ist.
- Ja, wir wissen um das, was – eigentlich beschönigend – Klima-Wandel heißt. Zugleich wissen wir um viele Anstrengungen – im eigenen Umfeld, in der Politik, in der Kirche – um bewusster, aufmerksamer und nachhaltiger mit unserem gemeinsamen Haus Erde umzugehen. Die entscheidende Frage ist: "Wo und wie mühe ich mich, meine Umwelt so zu nutzen, dass sie den nachfolgenden Generationen in gutem Zustand weitergegeben werden kann?" Bemühen wir uns darum, zumal wir wissen: "Alles hängt mit allem zusammen - und die Sorge um unsere Mitwelt ist auch die beste Stütze des sozialen Zusammenhalts!" So hat es unser Papst in seiner wegweisenden Enzyklika "Laudato sí" deutlich beschrieben.
- Ja, es zeigen sich deutliche Risse in unserer Gemeinschaft, in der Gesellschaft – und auch in der Kirche. Zugleich merken wir, dass die Suche nach Schuldigen uns nicht weiter-, sondern vielmehr auseinanderbringt. - Blicken wir anstatt auf Schuld doch auf das Gute, was da ist! Auf die Menschen, die sich engagieren – bezahlt oder nicht - damit anderen Leben ermöglicht wird. Und da denke ich nicht nur an Alter, Krankheit und Pflege, nicht nur an jene, die sich im Sozialbereich engagieren gegen die Armut in ihren vielfältigen Ausprägungen, sondern auch an alle, die sich um Erziehung und Bildung kümmern, an Menschen, die in der Politik Verantwortung übernehmen dem Gemeinwohl zuliebe, egal welcher politischen Partei sie angehören. Ich denke an die vielen in den Freiwilligenorganisationen, die Tag und Nacht bereitstehen, um für andere auszurücken, wenn Not an Mann oder Frau ist. Ich denke auch an die vielen in unserem Land, die in der Seelsorge – egal welcher Konfession oder Religion - andere begleiten und Wege zu einem erfüllten Leben eröffnen wollen. Ich denke an jene, die sich in den Pfarren und den vielen kirchlichen Erfahrungsräumen darum sorgen, dass Menschen nicht nur einen Sinn im Leben finden, sondern auch den Sinn des Lebens eröffnet erhalten. Ich denke auch an viele, die in den Familien den Zusammenhalt vorleben und unterschiedliche Interessen ausgleichen usw. Mit "Fratelli tutti" hat unser Papst uns auch hierfür Wege gezeichnet, die uns helfen können, Leben zu entdecken und zu entfalten, Hoffnung und Zuversicht zu geben in herausfordernden Zeiten.
- Ja, wir sehen – gleichsam vor unserer Haustür wie an vielen anderen Orten rund um den Erdball: In Frieden zu leben, und nicht im Kriegszustand mit all dem Elend und Leid von Abertausenden, ist ein großes Geschenk, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf. Die Auswirkungen, die viele – und nicht nur die unmittelbar Betroffenen – spüren, zeigen deutlich: Es reicht im Leben nicht, nur sich selbst im Blick zu haben, sondern es ist allen Menschen zuinnerst aufgetragen, sich in Liebe den anderen zuzuwenden: Zum Beispiel jenen, die vertrieben werden und auf der Flucht sind; jenen, die unter den Lasten von Teuerung und Armutsgefährdung stöhnen; jenen, die aufgrund von Naturkatastrophen ohne Obdach sind, aber auch jenen, die in der Seele leiden, die traumatisiert sind ... Hier ließe sich noch vieles anführen. Wer sich um solch‘ Betroffene bemüht, in welcher Weise auch immer, hat die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen erkannt und lebt im Sinne des Evangeliums und in der Nachfolge Jesu, der auf der Eselin in Jerusalem eingezogen ist, um durch seinen Tod, durch seine Hingabe uns zu erlösen.
- Am heutigen Sonntag tragen wir mit den Palmzweigen ein Zeichen des aufblühenden Lebens in unseren Händen. Freuen wir uns, so wie sich die Menschen in Jerusalem freuten beim Einzug von Jesus, dem ersehnten Messias. Ja, er ist es, der uns Leben schenkt und uns aufleben lässt.