Fürchtet euch nicht! Geht!
„Sie verließen das Grab voll Furcht und großer Freude…“ – voll Furcht und großer Freude? Beides zugleich?
Vor über 40 Tagen – am Aschermittwoch – haben wir das Aschenkreuz empfangen mit der Aufforderung „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst!“, gedeutet ist das durch das Wort Jesu: „Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15). Erschütterung unserer Herzen durch die Begegnung mit der Wahrheit und die Freude, dass uns ein Neuanfang, Bekehrung, Umkehr ermöglicht ist – solche Furcht und solche Freude möge auch uns die Osterbotschaft bereiten: „Ich verkünde euch große Freude: Christus, unser Herr, ist auferstanden – er ist wahrhaft auferstanden!“
- Die Fastenzeit mit der Botschaft des Evangeliums und den Symbolen der Liturgie sollte uns hinführen zum heutigen Abend mit der Taufwasserweihe und der Erneuerung unseres Taufversprechens.
Auch heute spricht die Liturgie zu uns in Symbolen – jetzt nicht durch die Asche – sondern durch das Feuer und das daran entzündete Licht der Osterkerze: Moses und der Prophet Jesaja haben ihre Begegnung mit dem Geheimnis Gottes als Erfahrung von Feuer und Licht geschildert (Ex 3,2ff; Jes 6,1-8). Christus nennt sich das „Licht der Welt“ (Joh 8,12), ja: durch ihn, durch seine Menschwerdung; seinen Tod und seine Auferstehung, ist das Schöpfungswort: „Es werde Licht“ (Gen 1,3) erneuert worden.
Von ihm haben wir das Licht für unsere Kerzen empfangen und er sagt auch uns, die wir an ihn glauben: „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt 5,14). Die Lesungen aus der Heiligen Schrift haben uns daran erinnert, was uns in der Taufe geschenkt worden ist.
- Nach dem neuen Feuer und der Osterkerze ist ein weiteres Symbol dieser Nacht das Wasser. In der Fastenzeit sind wir an die Kostbarkeit und Bedeutung von Quellen und Brunnen erinnert worden: in der Wüste nennen die Beduinen Wasserstellen „Augen der Wüste“ oder sogar „Brunnen des Lebendigen, der auf mich schaut“ (Gen 16,14).
Jesus ist die „Quelle lebendigen Wassers“ (vgl. Joh 4,10), durch ihn haben wir den Zugang zu Gott erhalten, er belebt die Wüsten unseres Lebens. In der Taufe sind wir mit ihm untrennbar verbunden worden, weil er getreu ist. Unser ganzes Leben als Christen sollte Entfaltung dieser Gemeinschaft sein: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht!“ (Phil 2,5).
Immer wieder haben wir es nötig, zu diesem Brunnen zurückzukehren. Wir bitten heute, dass er uns hilft, ihn „zu erkennen, und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinem Leiden“ (Phil 3,10). Nach der Weihe des Taufwassers werden wir uns erneut zu unserer Taufe und zur Gemeinschaft mit Christus in seiner Kirche bekennen.
Es ist sehr schön, dass die Taufen nicht mehr wie eine geheime Privatsache betrachtet werden, sondern dass sich dazu die Familien versammeln, ja eigentlich sollte die ganze Gemeinde daran Anteil nehmen, wenn ein neues Glied in den Leib der Kirche aufgenommen wird.
- „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“: Jesus selbst hat dafür Sorge getragen, dass uns die Gemeinschaft mit ihm auch über seinen Tod hinaus möglich ist. Die Feier des hl. Messe verbindet uns mit seinem Tod und seiner Auferstehung. Er, das „Brot des Lebens“, reicht sich uns als Nahrung und Wegzehrung.
Jesus hat das gemeinsame Mahlhalten in seinen Gleichnissen und in seinem eigenen Handeln als Vorahnung des Reiches Gottes gedeutet. Nach seiner Auferstehung hat er sich seinen Jüngern gezeigt. Die Feier des Sonntags als Tag des Herrn mit der heiligen Messe ist für uns heute und jedes Mal, wenn wir Eucharistie feiern, erneut das heilige Zeichen, Sakrament, in dem wir ihm begegnen dürfen. Und nicht nur in der hl. Messe: überall wo Menschen in seinem Namen beisammen sind, ist er mitten unter ihnen (Mt 18,20).
Das Evangelium von Ostern endet aber mit dem Auftrag, den der Auferstandene seinen Zeugen gibt: „Fürchtet euch nicht! Geht!“ – Geht zu meinen Brüdern und Schwestern, zu allen Völkern, „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ (Joh 20,21) Und er gibt uns das Versprechen, mit dem das Matthäusevangelium endet: „Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“ (Mt 28,20). Mit diesem Versprechen wollen wir „in großer Freude“ (Lk 24,52) dorthin gehen, wohin er uns führt.