Das Evangelium ist von außen gekommen
Mit dieser Vesper am Vorabend des letzten Sonntags im September beginnen wir das Hochfest unserer Diözesanpatrone, der heiligen Bischöfe Rupert und Virgil. Mit deren Namen wird die christliche Mission in unserem Land, ausgehend von Salzburg, verbunden. Ich erinnere an ein Wort des verstorbenen Papstes Benedikt XVI., des Theologen Joseph Ratzinger: „Katholisch sein heißt, in Querverbindungen stehen“[1] – in Beziehung also sowohl in der Geschichte, als auch im aktuellen Leben und in künftigen Herausforderungen.
- Wann das Evangelium im Gebiet unserer Diözese erstmals verkündigt und der christliche Glaube eingewurzelt worden ist, wissen wir nicht. [2]
Zuverlässige Nachrichten gibt es nur aus der ehemaligen Untersteiermark; wo in den römischen Städten Celeia (dem heutigen Celje, Cilli) und Poetovio (Ptuj, Pettau) antike Bischofssitze bezeugt sind. Ob in Flavia Solva bei Leibnitz oder in der beachtlichen römischen Villa in Löffelbach bei Hartberg Christen gelebt haben, ist nicht bekannt. Nach dem Niedergang des weströmischen Reiches haben sich in der ehemaligen Provinz Norikum verschiedene Völkerschaften aufgehalten und heidnische Slawen und teils bereits christianisierte Bayern das Land besiedelt.
In Salzburg, der ehemaligen römischen Stadt Iuvavum, hat der aus Worms stammende Bischof Rupert (+728) gegen Ende des 7. Jahrhunderts kirchliche Strukturen und ein erstes Kloster gegründet. Einer seiner Nachfolger, der hochgelehrte Mönch Virgil (700-784), ist aus Irland gekommen, er wurde Abt von St. Peter in Salzburg und Bischof. Auf ihn geht die Entsendung von Missionaren in das Herzogtum Karantanien – Kärnten - zurück. Unser Land war „Mark“, d.h. Grenzgebiet, dieses mehrheitlich von Slawen bewohnten Gebietes. In der Obersteiermark, „ad Undrimas“ – vielleicht bei Pöls oder Knittelfeld, hat der von Virgil ausgesandte Missionsbischof Modestus eine erste Kirche geweiht.
- Die Glaubensausbreitung ist sowohl durch die Errichtung von geistlichen Erfahrungsorten – Klöstern und Kirchen – als auch durch politischen Druck gefördert worden.
Auf Empfehlung Alkuins, des Beraters Karls des Großen, der auch ein Freund von Arn, des ersten Erzbischofs von Salzburg, war, sollte nach den üblen Erfahrungen in den Sachsenkriegen die Glaubensverkündigung und Missionierung nicht mit Gewalt erfolgen, sondern das Volk durch Milde und Predigt bekehrt und dann erst getauft werden.
Dazu war es nötig, die Grundwahrheiten des Glaubens in die Sprachen und Denkweisen der Menschen zu übersetzen: was bedeutet Erlösung, Sünde, Gnade, Versöhnung? - Auch das war wichtig: Nach einer Entscheidung des Kaisers von 794, dass „Gott nicht nur in den drei Sprachen der Kreuzesinschrift (Hebräisch, Griechisch, Latein) – angebetet werden darf, sondern in jeder Sprache, sofern der Mensch nur um Gerechtes bittet.“[3] Und über die sprachliche Verkündigung hinaus – ja sicher mehr noch ist das Wirken der Glaubensboten durch ihr Leben und die erfahrbare geistliche Gemeinschaft aus dem Glauben fruchtbar geworden.
- Graz und der Großteil der Steiermark hat kirchlich bis 1786 zum Erzbistum Salzburg gehört; das Bistum Seckau, dessen 800-Jahr-Feier wir 2018 begangen haben, hat sich zunächst ja nur über einen kleinen Teil unseres Landes erstreckt.
Auch jetzt gehört unsere Diözese zur sogenannten Salzburger Kirchenprovinz. Die Bischöfe und Domkapitel der Suffraganbistümer von Salzburg pflegen miteinander guten Kontakt – stehen also untereinander in „Querverbindung“. Dass vor Jahren der Nachbardiözese Maribor (Marburg), deren Territorium früher zu dieser Kirchenprovinz gehört hat, in einer schwierigen Situation geholfen worden ist, hat mit dieser Gemeinschaft in der Nachbarschaft und in der großen Weltkirche zu tun.
Anlässlich des Festtages unserer Diözesanpatrone sollten wir uns darauf besinnen, dass wir den Glauben nicht selbst erfunden haben, sondern das Evangelium durch Glaubensboten verkündet worden ist, die von außen zu uns gekommen sind, also von „Ausländern“. Seit jeher steht „katholisch“ in Spannung zu den Positionen von „national“. Auch unsere Pfarrgemeinden müssen mehr zu Zeichen einer Einheit werden, die etwas von der Einheit der Menschheit aus vielen Sprachen, Kulturen und Traditionen ahnen lässt, zu der uns Gott zusammenführen will.